„In Deutschland denken wir immer noch, Umwelt sei ein Moralthema.“
(Michael Baumgart)

Ständig sucht der Verbraucher neue Produkte, ohne darüber nachzudenken, was er mit den vorhandenen Gütern bei ihm zu Hause noch machen könnte. In der Regel landen nicht nur Lebensmittel sondern Kleidung, Elektrogeräte, Möbel und andere Dinge einfach im Müll (und dann noch im Falschen). „Cradle to Cradle“ dient in erster Linie der Müllvermeidung, zumindest aber der Müllreduzierung. Die Dinge bleiben im Kreislauf, bevor sie letztlich irgendwann entsorgt werden müssen.

Um dieser herkömmlichen Unsitte zu begegnen wurden Wege entwickelt, wie man Produkte umweltgerecht im Kreislauf halten kann. Von der Herstellung zurück zur Herstellung, also von der „Wiege“ zurück zur „Wiege“. Diese Methode, auch Kreislaufwirtschaft genannt, dient der Müllvermeidung –zumindest aber der Müllreduzierung und erhöht den Wert an Rohstoffen durch wiederholte Nutzung. Das Prinzip beruht auf dem Gedanken, die in den Produkten verarbeiteten Rohstoffe nach deren Verwendung wieder neu zu nutzen, anstatt sie zu verschwenden.
Dieser geschlossene Prozess kann sich sowohl auf technische als auch organische Produkte beziehen. Gebrauchsgüter können, wenn sie entsprechend produziert worden sind, durch innovative Prozesse sinnvoll wieder verwendet werden.Organische Stoffe können der Natur zurückgegeben werden.

Es gibt mittlerweile einige Unternehmen, die „Cradle to Cradle“-Prinzipien in ihr Geschäftsmodell integriert haben. So kann man mittlerweile kompostierbare Kleidung kaufen. Überhaupt gibt es im Textilbereich etliche Versuche, gebrauchte Kleidung wieder aufzubereiten (Stichwort „Upcycling“). Aber auch Lederbezüge, Stoffe, Büromaterial und Shampooverpackungen sind Beispiele dafür, dass man aus vermeintlich wegwerfbaren Alltagsdingen durch innovative Bearbeitung neue nützliche Dinge herstellen kann.
So werden beispielsweise in Entwicklungsländern aus Plastikflaschen Stühle gefertigt. Ein weiterer Bereich in diesem Zusammenhang sind Elektrogeräte. In ihnen „schlummern“ sehr viele Rohstoffe, die man funktionsunfähigen Geräten entnehmen und sie wieder verwenden kann. Ein wichtiger Anwendungsbereich ist die Bauwirtschaft. Bauschutt enthält Vieles, was ohne weiteres aufbereitet werden könnte. Überwiegend werden Baustoffe im Straßenbau weiterverwendet. Das Recycling von geeigneten Bauabfällen wird mittlerweile sogar gefördert (z.B. in Rheinland-Pfalz), so dass damit Schritte zur Kreislaufwirtschaft im Baugewerbe eingeleitet worden sind. Wichtig wäre es aber auch, wenn sich das Prinzip ebanfalls bei Hobbyhandwerkern herumsprechen würde. Es spielt eine wichtige Rolle.
Hauptkritikpunkt an diesem Prinzip sind die Kosten, die mit dem Recycling im professionellen Wirtschaftskreislauf entstehen – in der Tat ist wegwerfen oft günstiger als aufbereiten. Das mag zwar kalkulatorisch richtig sein. Ökologisch gesehen allerdings ist die Aufbereitung nachhaltig, führt sie doch zur Abfallvermeidung bzw. Reduzierung.

Im täglichen Leben gibt es mittlerweile viele Initiativen, die zeigen, wie man die Zuführung von aussortierten Dingen zum Müll vermeiden kann. Das beginnt bei Second-Hand Läden, setzt sich in Repair Cafés fort und hat sich in Tauschbörsen bereits bewährt.

Weder in Eisdielen noch auf Straßenfesten wird mittlerweile Einmalplastikbesteck verwendet. Damit wird der Müllberg kleiner und die für die Herstellung von Plastik benötigten Ressourcen geschont.

Das Prinzip passt nicht überall und es muss schrittweise umgesetzt werden. Es stellt aber eine echte Bereicherung für eine nachhaltiger gedachte Wirtschaft dar. Zudem leben wir in einer Welt, in der Rohstoffe immer knapper werden. Das zeigt sich z.B. daran, dass der „Welterschöpfungstag“ jedes Jahr früher zu beklagen ist. Früher oder später wird der „teure Recyclingprozess“ günstiger sein, als die Gewinnung schwindender Ressourcen.

Man schätzt, dass mittlerweile über 400 Produkte von 150 Unternehmen nach den an der Natur orientierten Kriterien von „Cradle-to-Cradle“ auf den Markt gebracht worden sind. Das ist doch ein Anfang.

Autor: Lutz M. Büchner

Fotos: Lutz M. Büchner; ipopba/ adobe stock