Die Müllberge von heute werden die Rohstoffe von morgen sein (Frank Dommenz)

Wir produzieren Müll, wir versuchen Müll zu minimieren, wir trennen Müll, wir ärgern uns über illegal entsorgten Müll. Aber was hat Müll mit Nachhaltigkeit zu tun? Müll ist nicht gleich Müll. Wir produzieren Biomüll beim Kochen, Plastikmüll wo immer er herkommt, Papiermüll beim Online Shopping, Elektromüll beim Entsorgen von Geräten – und dies ist noch nicht alles. 

Die Kernfragen sind, ob man Müll vermeiden oder zumindest „ordentlich” entsorgen kann. Denn nur 4% des Mülls wird recycelt, der Großteil wird verbrannt und/oder belastet unsere Umwelt anderweitig extrem. Dies zu untersuchen dient diese Kolumne. Dabei muss wohl zwischen den Müllarten unterschieden werden: 

Zur Einstimmung: Allein im Pazifik zwischen Kalifornien und Hawaii erstreckt sich ein Plastikmüllstrudel mit einer Fläche, die viereinhalb mal so groß wie Deutschland ist. Das ist aber nicht der einzige Müllstrudel in unseren Weltmeeren. Unglaublich! Plastik zersetzt sich nicht und zerstört Meeresflora– und Fauna. Darüber hinaus gelangen Mikropartikel über die Nahrungskette (Fische) zu uns Menschen. Das schädigt unsere Gesundheit. 

Wir sind von Plastik umgeben. Plastik ist allgegenwärtig. Insbesondere in den Supermärkten kommt man an Plastikverpackungen kaum vorbei. Selbst Bio-Obst und Bio-Gemüse sind oft in Plastik verpackt. Geschirr und Besteck bei Partys und Straßenfesten, Lieferservices und To-Go-Getränke, Plastiktrinkhalme…Dazu gibt es jetzt europäische Regeln zur Vermeidung von Plastik. Damit wird zwar weniger Plastik in Umlauf gebracht, das Grundproblem ist damit aber nicht gelöst. Denn die Regeln gelten für nicht einmal 500 Millionen Menschen. Plastikmüll z.B. in Asien und Afrika verschmutzt die Umwelt enorm und gelangt über die Flüsse letztlich in die Meere. Mittlerweile gibt es in den Entwicklungsländer Ansätze, vor allem Plastikflaschen sammeln zu lassen und diese in Fabriken zu Gebrauchsgegenständen wie Stühlen und Tischen weiterzuverarbeiten. Eine Art Kreislaufwirtschaft. 

In Deutschland verbraucht jeder Einwohner mehr als 220 kg Papier, damit liegen wir weltweit mit an der Spitze. Das Holz, aus dem Papier gemacht wird, stammt überwiegend aus fernen Ländern (etwa Brasilien), legt weite Wege zurück, bevor es (auch im Ausland) zu Zellstoff verarbeitet wird. Je mehr Papier wir benötigen, um so mehr Bäume müssen gefällt werden. Deshalb ist es wichtig, möglichst Recyclingpapier zu verwenden. Das schont Umwelt und Klima, weil bei der Herstellung Wasser und Energie gespart werden und es zu weniger CO² Emissionen führt.  

Papierlose Büros sind ein nachhaltiger Ansatz. Aber auch im täglichen Leben sollten wir auf einen bewussten Umgang mit Papier achten. Die Wiederverwendung und die Entsorgung in der blauen Tonne gehören ebenso dazu wie der Kauf von Papier mit einem Siegel wie der „Blaue Engel“ 

Elektromüll spielt eine besondere Rolle. Was tun mit defektem Föhn, Rasierer, Toaster ? Und wie entsorgen wir defekte Waschmaschinen, wie macht es der Händler, der sie mitnimmt, wie machen wir das? Zwar gibt es dazu bei uns (natürlich) Regeln. So sollen große Elektrogeräte zu den Wertstoffhöfen gebracht werden, kleine Geräte können seit 2022 bei jedem Supermarkt mit mehr als 400 qm Verkaufsfläche kostenlos abgegeben werden. 

Jedes Jahr werden weltweit 613 Tonnen Elektrogeräte produziert (8 kg pro Person). Jährlich entstehen nahezu 55 Millionen Tonnen Elektroschrott. Davon werden etwa 55% recycled, aber etwa mehr als 50% werden verbrannt oder illegal entsorgt. Dies beeinträchtigt unsere Gesundheit, die Umwelt und das Klima. In allen Elektrogeräten sind Rohstoffe enthalten, die man in der Produktion neuer Geräte wieder verwenden könnte (eine Art Kreislaufwirtschaft) – wenn es nicht zu teuer wäre. Deshalb werden Altgeräte legal, aber eben oft auch illegal in Entwicklungsländer transportiert. Dort, insbesondere in Ghana, werden die Geräte unter schrecklichen Bedingungen zerlegt und die entfernten Rohstoffe verkauft, allerdings nicht an die Produzenten von Neugeräten in den Industrieländern. Der (vor allem illegale und damit kriminelle) Handel mit Altgeräten ist lukrativ. Die Folgen für Gesundheit, Umwelt und Klima ist katastrophal. Auch darauf soll der der E-waste-day (Tag des Elektromülls) aufmerksam machen, der 2023 am 14.10. stattfindet. 

Biomüll ist ein Beispiel für sinnvolle Wiederverwendung von unseren Abfällen. Allerdings verdirbt der hohe Plastik-, Glas- und Gummianteil im Biomüll die Bilanz. Die Schadstoffe müssen vom kompostierbaren Müll getrennt werden. Der durch die Kompostierung gewonnene Kompost erhält viele Nährstoffe, die als Dünger wieder verwendet werden können. Kreislaufwirtschat pur. 

Ein Problem sind die achtlos weggeworfenen Zigarettenkippen, die wir in Innenstädten, Wäldern und Stränden finden, weltweit Billionen pro Jahr. Besonders problematisch sind die Filter. Sie enthalten eine Vielzahl von giftigen, krebserregenden Stoffen, die unser Wasser verunreinigen. Auf sie zu achten, gehört jedenfalls auch zum Müllsammeln. 

 Die Beispiele zeigen, dass der von unserer Zivilisation verursachte Müll in vielfältiger Hinsicht unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu betrachten ist. Zunächst geht es um die Menge der von uns (Wirtschaft / Privatpersonen) produzierten Güter. Dabei geht es um die Menge, die Qualität und den Umgang mit den produzierten und verbrauchten Gütern. Weniger ist oft mehr. Die Entsorgung der Güter durch Industrie und Privatpersonen spielt natürlich eine ebenso wichtige Rolle. Auf der einen Seite sind die Probleme der vernünftigen Entsorgung des Mülls bekannt und es werden neue umweltfreundlichere Verfahren entwickelt. Allerdings führt der extrem hohe, sich finanziell lohnende Anteil illegal entsorgten Mülls (Littering), welcher Art auch immer, zu einer vermeidbaren Belastung von Gesundheit und Umwelt sowie einer hohen CO² Belastung der Erde. Das erleben wir bei Waldwanderungen, bei Strandspaziergängen und bei Berichten über Elektroschrott in Ghana. 

Autor: Lutz M. Büchner

Fotos: Lutz Büchner; photka/adobe stock