„Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten, viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern“ (Afrikanisches Sprichwort)

Immer mehr Menschen leben in Städten. Das Verhältnis von der Stadt- zur Landbevölkerung hat sich innerhalb der letzten Jahrzehnte umgekehrt. Es wird prognostiziert, dass im Jahre 2050 etwa 6,5 Milliarden (heute sind es etwa 4 Milliarden) der Weltbevölkerung in Städten leben. Es gibt weltweit mehr als 500 Millionenstädte, darunter mehr als 30 sogenannte Megastädte. Das sind Städte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern. Davon befinden sich mehr als zwei Drittel im Globalen Süden. Die größte Stadt weltweit ist Tokio mit mehr als 30 Millionen Einwohnern, die größte deutsche Stadt (und in der EU) ist Berlin. Sie weist gerade mal 10% dieser Einwohnerzahl auf.  

Verarmung ist oft die Ursache für Landflucht der Landbevölkerung und damit verbunden die Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen in den Städten. Dies betrifft insbesondere die Schwellen- und Entwicklungsländer. Vor allem in diesen Ländern, aber zunehmend weltweit, sind die klimatischen Veränderungen die Hauptursache dafür. Diese haben enorme Auswirkungen auf dieses Phänomen, natürlich auch mittel- und unmittelbar auf die westlichen Gesellschaften. 

Das ist der Grund, weshalb in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen unter Nummer 11 das Erreichen nachhaltiger Städte und Gemeinden gefordert wird. Darunter ist zu verstehen, dass alle Menschen Zugang zu angemessenem Wohnraum und zur Grundversorgung erhalten sollen und dass sie auf bezahlbare und nachhaltige Verkehrssysteme zurückgreifen können. Die von Städten ausgehende Umweltbelastung soll mit besonderem Fokus auf Luftqualität und Abfallbehandlung gesenkt werden und der allgemeine Zugang zu sicheren Grünflächen und öffentlichen Räumen soll gewährleistet werden. 

Das heute gängige Muster der Urbanisierung ist jedoch ganz und gar nicht nachhaltig. Zum Beispiel sind Städte bereits heute für 70 % der weltweiten CO2 Emissionen verantwortlich. Daraus folgt, dass Städte umweltfreundlich werden und einen gesunden Lebensraum bieten müssen. Vor allem müssen im Zuge dessen die Probleme der Luft- und Wasserverschmutzung gelöst werden und eine umweltverträgliche Abfallbeseitigung  sichergestellt werden. Die Schaffung entwickelter Infrastrukturen für Energie, Wasser, Abfall, Mobilität sowie Gebäudedämmung ist essentiell.  

Dies trifft natürlich nicht nur auf Städte in den Industrieländern zu. Insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern führt unkontrollierte Landflucht, die häufig auf den Klimawandel zurückzuführen ist, zu teilweise unhaltbaren Zuständen. Ein höherer Ressourcenbedarf, vermehrte Luftverschmutzung durch Gase wie Kohlenstoffdioxid, das Erreichen der Grenzen kommunaler Tragfähigkeit sowie mehr Lärm führen zu zum Teil unhaltbaren Zuständen. 

Während in den Industrieländern die Verbesserung der Lebensqualität für Bewohner in Städten eine vorrangige Rolle spielt, sind die Probleme, mit denen Megastädte wie Rio de Janeiro, Nairobi, Kairo, Dehli, Mumbai oder auch Peking zu kämpfen haben, grundlegender Natur.  

Da geht es um die Verbesserung der Situation in den Elendsvierteln, die Verbesserung der Wasserversorgung, die Erhaltung von Frischluftschneisen, das in den Griff kriegen des chaotischen Verkehrs zumeist umweltschädlicher Verkehrsmittel, und den Kampf gegen den Abfall. Wer schon mal derartige Städte besucht hat, weiß, dass die Dunstglocken über den Städten den Menschen das Atmen schwer machen und dass dies zu Atemwegserkrankungen, vor allem bei Kindern führt.  

Der klimaverträgliche Umbau der Städte zur Vermeidung zukünftiger Treibhausemissionen ist von großer Bedeutung, das heißt konkret, dass die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt und der motorisierte Individualverkehr eingeschränkt werden muss.  

Mit City Maut versuchen Großstädte wie London, Mailand und Stockholm den Individualverkehr in den Zentren zu verringern. In Paris fördert man den Fahrradverkehr zu Lasten des Autoverkehrs. Die Luft- und Wasserverschmutzung sowie die Abfallbeseitigung in den Griff zu bekommen, ist nicht nur kostspielig. Oft scheitern Verbesserungen auch an den unterschiedlichen und widerstreitenden Interessen der Beteiligten. Das wird auch beim Rückbau versiegelter Bodenflächen (sogenannter Entsiegelung) deutlich – auch im privaten Bereich. Es braucht Grünflüchen statt Parkplätze – nicht nur im städtischen Bereich. 

Was heißt denn nun nachhaltige Stadtentwicklung? Sie bezeichnet die städtische Entwicklung aus ökonomischer, ökologischer und sozialer Sicht. Dabei liegt besonders hoher Wert auf der Zukunftsfähigkeit und darin, dass Ungleichheiten vermieden werden. Eine sehr theoretisch anmutende Beschreibung, die ein wünschenswertes Ziel umschreibt, das aber nur in Ausnahmefällen in der westlichen Welt in einem überschaubaren Zeitrahmen erreichbar ist. Weltweit verhindern wirtschaftliche und soziale Hindernisse eine nachhaltige Stadtentwicklung mit der Folge, dass an einen Klimawandel hin zum Guten und mit der Beseitigung des Nord-Süd Gefälles auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist. 

Autor: Lutz M. Büchner

Foto: Lutz Büchner; Grafik: bizvector/adobe stock