Wenn wir nicht beginnen können Fundamentaldaten, wie die Beseitigung der missbräuchlichen Formen der Kinderarbeit zu vereinbaren, dann sind wir wirklich nicht bereit, in die Zukunft zu marschieren“ (Alexis M. Herman)
Der Begriff „Kinderarbeit“ ist durch ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von 1973, das inzwischen von 163 Staaten ratifiziert wurde definiert. Dies ist eine Kernarbeitsnorm und ist ein Menschenrecht, das selbst in Ländern, wo das Übereinkommen nicht ratifiziert wurde, gilt. Zu diesen gehören beispielsweise Indien, Bangladesch und Saudi-Arabien, aber auch Kanada und die USA. Über den Begriff wurde und wird seit Jahrzehnten heftig diskutiert, schließlich stellt die Arbeit von Kindern einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen dar. Ziel der ILO ist es, bis 2030 die Kinderarbeit gänzlich zu verbieten.
Unter „Kinderarbeit“ wird jegliche Arbeit verstanden, die Kindern ihrer Kindheit, ihres Potenzials und ihrer Würde beraubt und die für ihre körperliche und geistige Entwicklung schädlich ist. Sie bezieht sich auf Arbeit, die geistig, körperlich, sozial oder moralisch gefährlich und schädlich für Kinder ist; und/oder ihre schulische Ausbildung beeinträchtigt, indem sie ihnen die Teilnahme an der Schule verwehrt, sie zwingt, die Schule vorzeitig zu verlassen, oder von ihnen verlangt, den Schulbesuch mit übermäßig langer und harter Arbeit zu verbinden.
Bei der Arbeitsaufnahme darf das 15. Lebensjahr nicht unterschritten werden. Ab dem 13. Lebensjahr dürfen leichte Arbeiten verrichtet werden.
Im Jahre 2021 arbeiteten über 160 Millionen Kinder weltweit. Dabei handelt es sich oft um Kinder, deren Alter unterhalb der definierten Grenzen liegt. Ein Großteil der Kinder arbeitet in der Landwirtschaft, z.B. in der Baumwoll- und Kakaoernte. Aber auch in Werkstätten, im Bergbau, der Förderung von unterirdischen Rohstoffen und auf Müllhalden werden Kinder vorzugsweise beschäftigt.
Die Gründe für die Kinderarbeit sind vielfältig. Vor allem die Armut der Eltern zwingt diese, ihre Kinder zur Arbeit zu schicken. Manchmal werden diese sogar verkauft und werden von den „Käufern“ wie Sklaven gehalten. Da es in vielen Ländern des Südens kein Sozialversicherungssystem gibt, können oft die Eltern und Großeltern nur dank der Einkommen, die die Kinder erwirtschaften, überleben. Aber auch Kinder, deren Eltern durch Kriege oder Naturkatastrophen ums Leben gekommen sind müssen, um zu überleben, arbeiten. Durch die Arbeit der Kinder kommt ein Schulbesuch gar nicht oder nur unzureichend in Frage. Er wäre aber auch deshalb wichtig, weil die Schulspeisung häufig die einzige Mahlzeit ist, die die Kinder pro Tag erhalten. Keine Schulbildung, keine berufliche Zukunft. Talente bleiben auf der Strecke – ein Teufelskreis, der zu einer sozialen Stagnation führt.
Was können wir gegen das Phänomen der Kinderarbeit tun? Was können, was müssen wir tun, um Kindern das Spielen und den Schulbesuch zu ermöglichen?
Ein erster Ansatz ist sicherlich die Auseinandersetzung mit dem Thema (Information und Sensibilisierung), das sich dann im Konsumverhalten niederschlägt. Bei vielen Produkten, Kleidung, Kaffee, Tabak, Bananen, Smartphone, Schnittblumen, Teppiche oder Gold gibt es fair gehandelte Produkte (Fair Trade), die ausdrücklich keine Kinderarbeit in der Lieferkette zulassen. Dazu ist es erforderlich, die Angaben genau zu studieren. Ein weiterer Schritt kann sein, Waren aus Ländern zu kaufen, bei denen Kinderarbeit keine Rolle spielt. Das kommt vor allem bei der Kleidung in Betracht. Aber auch z.B. beim Kauf eines Smartphones kann man keinesfalls sicher sein, dass das notwendige Tantal aus dem Kongo nicht von Kindern aus der Erde geholt worden ist. Auch bei der Herstellung von Pflastersteinen und von Grabsteinen, meist aus Indien, kann man nicht sicher sein, dass keine Kinder die Sprengungen in den Steinbrüchen vorbereiten und/oder die Steine per Hand zurecht klopfen. Jedenfalls ist es erforderlich, Unternehmen nach der Herkunft der Produkte zu fragen – man wird feststellen, dass sich Viele noch nie mit fairen Lieferketten beschäftigt haben. Diese sollte man meiden. Dies wird sich aber mit dem Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 2023 bald ändern.
Schließlich kann man sich über die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, die sich mit dem Problem beschäftigen näher über das Thema informieren und deren Arbeit durch Spenden finanziell unterstützen oder aber durch finanzielle Unterstützung vor Ort (z.B. Schulprojekte, Patenschaften). Die Kinder sollten es uns wert sein, oder?
Autor: Lutz M. Büchner
Fotos: Lutz Büchner; Ali Magsi/adobe stock